Paukenschlag aus Brüssel: Der EuGH erhält die sog. „Sanierungsklausel“ des § 8c 1a KStG aufrecht und kassiert das entgegenstehende Urteil des Europäischen Gerichts 1. Instanz (EuG) und den damaligen Nichtigkeitsbeschluss der EU-Kommission. Damit können Anteilsübertragungen an potentielle Investoren im Rahmen einer qualifizierten Unternehmenssanierung ab sofort wieder unter Nutzung der aufgelaufenen Verlustvorträge erfolgen.
Das EuG hatte bei seinem Urteil aus dem Jahre 2016 noch den Nichtigkeits-Beschluss der EU-Kommission aus dem Jahre 2011 aufrecht erhalten, wonach die Sanierungsklausel eine rechtswidrige staatliche Beihilfe darstellen würde (s. dazu hier). Der EuGH stellte in seinem Urteil nun seinerseits fest, dass Kommission und EuG das für die Feststellung einer (rechtswidrigen) Beihilfe erforderliche Referenzsystem in Bezug auf den sog. „selektiven Charakter“ der Sanierungsklausel fehlerhaft beurteilt hätten. Die Kommission habe bei dem von ihr angewandten „Regel-Ausnahme“-Test die „Selektivität einer steuerlichen Maßnahme anhand eines Referenzsystems, das aus einigen Bestimmungen besteht, die aus einem breiteren rechtlichen Rahmen künstlich herausgelöst wurden, nicht zutreffend beurteilt […]. Durch den Ausschluss der allgemeinen Regel des Verlustvortrags von dem im vorliegenden Fall maßgebenden Referenzsystem hat das Gericht somit dieses System offensichtlich zu eng definiert.“ (s. Rz. 106 des Urteils).
Der EuGH hob dementsprechend das erstinstanzliche Urteil des EuG in Sachen „GFKL Financial Services AG“ auf und erklärte den entsprechenden Beschluss der EU-Kommission für nichtig. Direkte Rechtsfolge des Urteils ist, dass § 8c Abs. 1 KStG ab sofort – und wohl auch rückwirkend – auf Anteilsübertragungen in Sanierungssituationen anwendbar ist. Indirekt könnte dieses Urteil aber auch für eine Beschleunigung im Genehmigungsverfahren der EU-Kommission über § 3a EStG („Sanierungserlass in Gesetzesform“, s. näher dazu hier) sorgen. Denn § 3a EStG beruht auf demselben „Regel-Ausnahme“-Prinzip, wie § 8c 1a KStG.