Zweck einer D&O-Versicherung ist es, den Geschäftsführer oder Vorstand vor den finanziellen Konsequenzen von ihm oder ihr zu verantwortender Pflichtverletzungen zu schützen. Gerade bei von diesem Personenkreis häufig nicht rechtzeitig erkannten Insolvenzrisiken spielt diese Versicherung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Allerdings droht dieser Art des Versicherungsschutzes aktuell Gefahr aus mehreren Richtungen:
Zum einen kündigen die entsprechenden Versicherungsanbieter auf Grund der sich häufenden Schadensfälle teilweise Kunden mit teuren Schäden (Chubb), erhöhen die Prämien (Allianz) oder ziehen sich gleich ganz aus dem deutschen Markt zurück (MS Amlin) (s. näher hier). Auch aus meiner aktuellen Praxis sind mir Fälle bekannt, in denen die entsprechenden Versicherungen explizit Ansprüche bei Insolvenzen ausschließen.
Zum anderen engt die Rechtsprechung den Schutzbereich bei D&O-Versicherungen zunehmend ein: So hat das OLG Düsseldorf in einem auch medial vielbeachteten Urteil (s. z.B. Handelsblatt, hier) entschieden, dass der Versicherungsschutz einer D&O-Versicherung nicht den Anspruch einer insolvent gewordenen Gesellschaft gegen ihren versicherten Geschäftsführer auf Ersatz insolvenzrechtswidrig geleisteter Zahlungen der Gesellschaft umfasse. Nach Ansicht des OLG handelt es sich bei dem entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Haftungsanspruch (aus § 64 GmbHG) um einen „Ersatzanspruch eigener Art“, der nicht mit dem versicherten Anspruch auf Schadenersatz vergleichbar sei. Auch wenn man diese Begründung vielleicht nicht so ganz überzeugend findet, so bleibt doch für die Praxis (zumindest bis zu einer klarstellenden Entscheidung des BGH) zu beachten, dass der Versicherungsschutz bei Unternehmenskrisen durchaus eingeschränkt sein könnte.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist allerdings auch kein Einzelfall: zuvor bereits hatte das OLG Celle im Rahmen einer Kostenentscheidung entschieden, dass „der Zahlungsanspruch aus § 64 S. 1 GmbHG kein vom Versicherungsvertrag (der D&O-Versicherung) erfasster Haftpflichtanspruch“ sei.
Insgesamt verschärfen damit Versicherungen und Rechtsprechung die Haftungsrisiken für Geschäftsleiter (und wahrscheinlich auch Aufsichtsorganen) in einer Unternehmenskrise erheblich. Um eine auch im oben zitierten Handelsblatt-Artikel skizzierte private Insolvenz zu vermeiden, sollten Geschäftsleiter sich also nicht auf den Versicherungsschutz einer D&O verlassen – die im Zweifel nicht zahlt – sondern die in der Krise erforderlichen Schritte, ggf. eben bis zu einer fristgerechten Insolvenzanmeldung, konsequent vollziehen.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.07.2018 – I-4 U 93/16
OLG Celle, Beschl. v. 1.4.2016 8 W 20/16