Erst kürzlich (hier) hatte ich mich – aus gegebenem Anlass eines aktuellen Falles – mit der Untreue als schwer verdaulichem „juristischen Leckerbissen“ auseinandergesetzt. Angesichts der Wendungen dieses Falles durfte ich selber auch gleich noch einmal „tiefer in die Materie“ einsteigen und einen speziellen Bereich der Untreue näher ausleuchten, nämlich den der „Wahrnahme von Geschäftschancen als verdecktes Eigengeschäft“. Grund genug, diese Ausprägung des Tatbestandes – sozusagen als „Dessert“ – nachzuliefern.
Hinter dem eher sperrigen Begriff der „Wahrnahme von Geschäftschancen als verdecktes Eigengeschäft“ können sich ganz einfache Lebenssachverhalte verbergen: Der Täter „schaltet“ z. B. zwischen den eigentlichen Verkäufer einer Ware oder Dienstleistung und das Unternehmen, für das er als Gesellschafter oder Organ, also z. B. Vorstand oder Geschäftsführer, tätig ist, eine von ihm kontrollierte Gesellschaft als Zwischenhändler. Die beim Zwischenhändler erzielte „Arbitrage“, also den Gewinn aus dem Handelsgeschäft, schlägt das Organ dann sich selber zu.
Im Zivilrecht kann schon das Nicht-Ausnutzen einer Geschäftschance für das Unternehmen zu einer Schadenersatzpflicht, im Regelfall aber nicht zu einer Strafbarkeit führen. Das (vorsätzliche) zuvor geschilderte „Zwischenschalten“ einer durch den Täter selbst kontrollierten Partei und die eigennützige Abschöpfung der daraus resultierenden Gewinne führt aber (natürlich) zu einer zivilrechtlichen Haftung nach der sog. „Geschäftschancenlehre“ des (zivilen) Gesellschaftsrechts. In einem seinerzeit aufsehenerregenden Urteil hat das LG Wiesbaden 2009 (mittlerweile rechtskräftig) darüber hinaus einen Manager zu einer nicht unerheblichen Gefängnisstrafe verurteilt , weil er die Geschäftschancen der von ihm geleiteten Gesellschaft zur privaten Bereicherung nutzte (s. dazu Bericht der FAZ, hier).
Angesichts der sehr deutlichen Aufrechterhaltung dieses Urteils durch den BGH dürfte der Tatbestand mittlerweile zum gültigen Kanon der Fallgruppen der Untreue gehören.
LG Wiesbaden, Urt. v. 12.05.2009 – 6 KLs – 1160 Js 26113/05, rechtskräftig
Zur zivilrechtlichen „Geschäftschancenlehre“: