Angesichts der von Destatis gemeldeten Zunahme der Anträge auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens um immerhin 6% im September (s. hier), hatte ich – nach einem quasi ununterbrochenen Rückgang der Antragszahlen durch die gesamte Pandemie hindurch – die Frage aufgeworfen, ob vielleicht „doch alles anders“ sei. Legt man die neuesten Zahlen von Destatis zu Grunde, bleibt allerdings doch alles beim Alten („same old, same old“) des stetigen Rückgangs der Zahl der Unternehmensinsolvenzen. Die Zahlen des IWH-Insolvenztrends sprechen demgegenüber zumindest auf kurze Sicht wieder eine andere Sprache. Der Reihe nach:
Nach der aktuellen Monatsmeldung von Destatis ging die Zahl der tatsächlich eröffneten Regelinsolvenzverfahren über Unternehmen im August 2021 erneut um 2,1% (im Vorjahresvergleich) zurück, die Zahl der Insolvenzanträge im Oktober 2021 gar um 29,2% (im Vergleich zum Vormonat) (hier). Angesichts der starken Schwankungen zwischen den letztetn Meldungen würde ich erneut (wie schon häufiger, s. nur hier) davon ausgehen, dass es sich eher um statistische Verzerrungen auf Grund nicht einheitlichen Meldeverhaltens denn um tatsächliche Schwankungen handelt.
Demgegenüber vermeldet der IWH-Insolvenztrend eine Zunahme der Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften im Oktober 2021 gegenüber dem Allzeittief der Vormonate zwar um 10%, die Zahlen liegen aber noch immer um 14% unter den bereits sehr niedrigen Werten aus dem Vorjahresmonat (hier). Weder Destatis noch IWH gehen von einem nennenswerten Anstieg bis zum Jahresende aus. Also doch same old, same old?
Scheint so, denn auch die für das 19. Restrukturierungsbarometer von Finance / SMP befragten Experten gehen immer weniger von einer Zunahme von Restrukturierungsfällen aus (hier). Eine Ausnahme bilden die Automobilzulieferer, über die das Handelsblatt titelte „Zulieferer kippen reihenweise um“. Und tatsächlich häufen sich scheinbar die Insolvenzanträge in dieser Branche (hier). Aber das dürfte weniger mit Corona oder einer sonstigen Wirtschaftskrise zusammenhängen und mehr mit dem allgemeinen Strukturwandel in dieser Branche.
Die Frage ist, ob der Abwärts- oder bestenfalls stagnierende Trend der Unternehmensinsolvenzen anhalten wird. Die Versicherer Euler Hermes (hier und hier) und Atradius (hier und hier) hatten ja schon im letzten Monat zumindest leicht steigende Insolvenzzahlen für Deutschland in 2022 prognostiziert. Angesichts der von der Wirtschaftsauskunftei „Creditsafe“ aufgezeigten weiteren Zombifizierung der deutschen Wirtschaft (hier) und den aktuell eher mauen wirtschaftlichen Entwicklung (hier) erscheint ein derartiges Szenario nicht unwahrscheinlich. Allerdings könnte eine umstrittene Regelung der BAFin zu sog. „Problemkrediten“ (hier) auch schlicht zu einer weiteren Zombifizierung der deutschen Wirtschaft anstelle marktbereinigender Insolvenzen führen.