Ein Urteil des BGH bereits aus dem Januar 2023 kommt so langsam in den Finanzierungsrunden von Unternehmen an und lässt sich schlagwortartig mit „Kleinbeteiligung schützt vor Anfechtung nicht“ zusammengefasst werden.
Sachverhalt
In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt plante die spätere Insolvenzschuldnerin die Errichtung einer Umschlaganlage für den kombinierten Schienen- und Straßenverkehr (sog. KV-Terminal). Gesellschafterin der Schuldnerin waren eine große Kreisstadt und zwei andere Beteiligte, darunter eine Gesellschafterin mit einem Anteil von 10% am Stammkapital. Im Rahmen eines Konsortialverhältnisses verpflichteten sich die Gesellschafter untereinander, die für die Errichtung erforderlichen Darlehen und Sicherheiten zu erbringen und aufrechtzuerhalten. Sie bildeten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in deren Vermögen u.a. die von der Schuldnerin für das Darlehen vergebene Sicherheit eingebracht wurde. Bei der Sicherheit handelt es sich um eine verbriefte Eigentümergrundschuld in Höhe von 3,8 Millionen Euro am Betriebsgrundstück, welche die Schuldnerin der Beklagten abtrat.
Die Schuldnerin fiel in die Insolvenz und der Insolvenzverwalter focht u.a. diese Sicherheitenbestellung im Wege des § 135 InsO an.
Rechtliche Würdigung
In seiner Entscheidung aus dem Januar 2023 stellte der BGH zunächst klar, dass das (über § 135 Abs. 4 InsO auch für die Sicherheitenvergabe anwendbare) Kleinbeteiligungsprivileg des § 39 Abs. 5 InsO grundsätzlich auch für Gesellschafter gilt, die genau 10% der Anteile an der Gesellschaft halten. Allerdings schloss der BGH im entschiedenen Fall die Privilegierung aus, konkret führt er dazu in den Leitsätzen aus:
„Eine koordinierte Finanzierung durch mehrere Gesellschafter kann unabhängig von einer Krise der Gesellschaft und auch außerhalb des Anfechtungszeitraums des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO dazu führen, dass die Beteiligungen der an der Finanzierung beteiligten Gesellschafter am Haftkapital der Gesellschaft zusammenzurechnen sind; maßgeblich ist, ob eine überschießende unternehmerische Verantwortung übernommen wird.“
Der BGH rechnete somit wegen „Übernahme überschießender unternehmerische Verantwortung“ auch durch den 10%-Gesellschafter die Beteiligung zusammen und schloss dementsprechend die Privilegierung aus. Laut BGH kommt die die dem Kleinbeteiligtenprivileg entgegenstehende Koordination nicht nur in der gemeinsamen Entscheidung über die Fremdfinanzierung zum Ausdruck. Sie liege insbesondere in der eigens getroffenen Konsortialvereinbarung. In der koordinierten Fremdfinanzierung könne die Übernahme einer über den nominellen Gesellschaftsanteil hinausgehenden unternehmerischen Verantwortung zum Ausdruck kommen. Darin liege der maßgebliche Grund dafür, eine solche Finanzierung vom Kleinbeteiligtenprivileg auszunehmen.
Fazit
Dieses – scheinbar lediglich ein Nischenthema abdeckende – Urteil dürfte nicht nur im Bereich von „Public-Private-Partnership“-Initiativen, sondern auch bei Finanzierern von Startups noch für erhebliches Kopfzerbrechen sorgen. Denn die Finanzierer von Startups handeln sehr häufig auf Grund von Konsortialvereinbarungen. Das tun Banken zwar auch, aber eben ohne sich auch am Unternehmen zu beteiligen – was bei Startups aber branchenüblich ist. Keine gute Nachricht für die sowieso schon gebeutelte Branche.