In den Medien wurde heute vermeldet, dass der Insolvenzverwalter von S&K angeblich 1.400 Anleger in Fonds der S&K-Immobiliengruppe auf Rückzahlung von Ausschüttungen verklagt habe. Was bedeutet das – auch über den Fall hinaus?
Grundsätzlich gilt im deutschen Recht das Prinzip der Vertragstreue (lat: pacta sunt servanda), so dass Vertragspartner darauf vertrauen dürfen, dass sie die Leistungen, die sie aus einem Vertragsverhältnis erhalten haben, auch behalten dürfen. Diese Regel kennt aber einige Ausnahmen. Eine davon, die hier maßgeblich ist, betrifft den Fall der sog. Insolvenzanfechtung. Dieses in §§ 129 ff. InsO vorgesehene Rechtsmittel ermöglicht es dem Insolvenverwalter unter bestimmten Umständen Leistungen von der Vertragspartei (dem „Insolvenzgläubiger“; in diesem Fall also den S&K-Anlegern) des Insolvenzschuldners (also S&K) zurückzufordern. Im vorliegenden Fall dürfte die Regelung des § 134 InsO einschlägig sein, wonach der Insolvenzgläubiger solche Leistungen zurückzugewähren hat, die er früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens „unentgeltlich“ vom Insolvenzschuldner erhalten hat.
Auch wenn dies auf den ersten Blick nicht offensichtlich erscheint, hat das oberste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH), entschieden, dass Ausschüttungen an Anleger von Fonds, die eigentlich ein sog. „Schneeballsystem“ darstellen, wegen „Unentgeltlichkeit“ anfechtbar sind. Es handelt sich bei derartigen Ausschüttungen nach mehreren Grundsatzentscheidungen (zuletzt etwa Urteil vom 22.04.2010 – IX ZR 160/09 („Phoenix Kapitaldienst“) um sog. „Scheingewinne“, denn tatsächlich wird ja in solchen Systemen kein Gewinn erzielt, sondern lediglich fiktiv ausgewiesen. Die dann an den Anleger ausgezahlten „Gewinne“ sind im Regelfall lediglich Auszahlungen „umgeleiteter“ Gelder von anderen Anlegern. Als „unentgeltliche Leistung“ zurückzugewähren ist demnach der Gesamtbetrag der Auszahlungen, welche der Insolvenzschuldner im Anfechtungszeitraum auf die vermeintlichen Gewinnansprüche geleistet hat. Gegen ein anderes Ergebnis spricht nach dem BGH insbesondere der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung, ansonsten könnten die Anleger, die früher Ausschüttungen erhalten hatten, die ihnen geleisteten Ausschüttungen behalten, zu Lasten der Anleger, welche keine Ausschüttungen erhalten haben.
Gläubiger, die sich einer derartigen Anfechtung gegenüber sehen, haben auf Grund dieser Rechtsprechung nur geringe Aussichten, die Anfechtungsklage abzuwehren. Offensichtlich ist zunächst, dass eine Anfechtungsklage, die auf eine Leistung gerichtet ist, die länger als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Anleger geleistet wurde, außerhalb der Anfechtungsfrist liegen würde und damit unbegründet wäre. Der BGH hat in einem Urteil (vom 29.03.2012 – IX ZR 207/10) ferner entschieden, dass reine Umbuchungen von sog. „Scheingewinnen“ auf ein anderes Anlegerkonto nicht anfechtbar sind. Ferner können sich die Anleger auch Hoffnung darauf machen, dass die so vom Insolvenzverwalter zur sog. „Insolvenzmasse“ zurückgeholten Gelder dann wieder an die Gläubigergesamtheit ausgeschüttet werden. So erhielten die Gläubiger im bereits benannten „Phoenix“-Insolvenzverfahren laut Angaben des Handelsblattes bislang eine „Quote“ von 36%. Das bedeutet, dass für jeden Euro Forderung insgesamt 36 Cent an den Gläubiger fließen.