Mit seiner Entscheidung vom 7. September 2017 hat das OLG Düsseldorf der Haftung eines sog. „Sanierungsgeschäftsführers“ Grenzen gesetzt. Hervorzuheben ist dabei insbesondere die ausdrücklich Ablehnung einer (analogen) Anwendung der Regelungen über die Haftung des Sachwalters auch auf den Sanierungsgeschäftsführer.
Unter Beteiligung des beklagten Sanierungsexperten, der im Rahmen eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung zusätzlich als sog. „Sanierungsgeschäftsführer“ in die Geschäftsleitung eines Unternehmens berufen wurde, durchlief das Unternehmen zunächst erfolgreich ein Insolvenzplanverfahren. Noch während des laufenden Verfahrens wurde eine Warenbestellung aufgegeben, die jedoch erst nach Aufhebung des Verfahrens ausgeliefert wurde. Das Unternehmen war jedoch finanziell nicht in der Lage, die gelieferte Ware zu bezahlen, vielmehr fiel es kurze Zeit später erneut in die Insolvenz.
Der Warenlieferant klagte nun durch zwei Instanzen gegen den Sanierungsgeschäftsführer persönlich auf Schadenersatz und begründete dies damit, dass der Beklagte als Sanierungsgeschäftsführer in der Eigenverwaltung persönlich für seine Forderungen einzustehen habe. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte besonderes Vertrauen in Anspruch genommen habe und der von ihm erstellte Insolvenzplan untauglich gewesen sei. In der Berufung ergänzte der Kläger dieses Vorbringen, indem er insbesondere ausführte, dass „der Lieferauftrag im laufenden Insolvenzverfahren erteilt worden sei und durch die gesonderte Unterschriftsleistung des Beklagten unter dem Lieferauftrag ein Haftungsversprechen erfolgte, so dass entsprechend den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine besondere Haftungsgrundlage gegenüber dem Kläger als Neugläubiger entstanden sei. Insoweit habe der (Sanierungs-)Geschäftsführer ein besonderes Vertrauen eines Dritten in Anspruch genommen, indem zumindest konkludent dargelegt worden sei, dass die Forderung der Klägerin auf jeden Fall auch ausgeglichen werden würde und zwar unabhängig vom Verlauf des Insolvenzverfahrens. Ohne eine solche Zusage hätte die Klägerin nicht geliefert.“
Das OLG Düsseldorf lehnte, wie auch bereits das LG Düsseldorf eine Haftung des beklagten Sanierungsgeschäftsführers insgesamt ab. So habe der Beklagte in seiner Funktion als Sanierungsgeschäftsführer weder ein besonderes persönliches Vertrauen gemäß § 311 Abs. 3 BGB in Anspruch genommen noch hafte er gemäß der Regelungen der §§ 60, 61 InsO analog auf Schadenersatz. Mit Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung stellten LG und OLG zunächst klar, dass von einer Inanspruchnahme persönlichen Vertrauen des Geschäftsführers nur auszugehen sei, wenn der Vertreter beim Verhandlungspartner ein zusätzliches, von ihm selbst ausgehendes Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Erklärungen hervorgerufen habe. Das Landgericht stellte in seiner Ablehnung der Haftung darauf ab, dass der Insolvenzverwalter / Sachwalter in einem Verfahren eine besondere, gesetzlich vorgesehene treuhänderische Stellung einnehme. Demgegenüber sei eine derartige Stellung für den Sanierungsgeschäftsführer gar nicht vorgesehen – könne also aus seiner Stellung als für die Sanierung hinzugezogener Experte nicht konstruiert werden. Dagegen stellte das OLG darauf ab, dass der Kläger keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen habe, dass gerade die Person des Beklagten für die Entscheidung zum Vertragsschluss ausschlaggebend gewesen wäre.
Aber auch eine analoge Anwendung der eigentlich für die Haftung des Insolvenzverwalters / Sachwalters vorgesehenen Regelungen der §§ 60, 61 InsO lehnte das OLG Düsseldorf ab. Denn für eine Analogie dieser Haftung fehle es schon an einer unbeabsichtigten Gesetzeslücke. Der Gesetzgeber habe die grundsätzliche Problematik der Haftung in der Eigenverwaltung sehr wohl gesehen und eine im Vergleich zur Haftung des Insolvenzverwalters auf § 60 InsO analog begrenzte Haftung des Sachwalters statuiert. Die Nichtanwendung des § 61 InsO auf den Sachwalter sei dabei bewusst erfolgt, weil der Schuldner verwaltungs- und verfügungsbefugt bleibe und damit bei der Begründung von Masseverbindlichkeiten grundsätzlich frei sei, so dass den Sachwalter keine Mitverantwortung treffe. Angesichts dieser gesetzgeberischen Entscheidung für eine ausdrücklich auf den Insolvenzverwalter und den Sachwalter begrenzte Haftung, ergebe sich keine planwidrige Gesetzeslücke, die eine Ausnahme von der grundsätzlichen Haftungsentscheidung des § 43 GmbH erforderlich mache.
Die Entscheidung begrenzt zu Recht die Haftung auch von sog. „Sanierungsgeschäftsführern“ auf die jeden Geschäftsführer treffenden Obliegenheiten. Denn auch nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf kann der Sanierungsgeschäftsführer im Innenverhältnis nach § 43 GmbH oder wegen Insolvenzverschleppung z.B. nach § 64 GmbHG in Anspruch genommen werden. Interessant ist, dass das OLG sich explizit mit der in der Literatur vertretenen Gegenansicht auseinandersetzt (und diese ablehnt), wonach der Geschäftsführer in der Eigenverwaltung einem besonderen Haftungs-Regime unterliege. Da die Revision ausdrücklich zugelassen wurde bleibt abzuwarten, wie sich der Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz zu dieser Frage positionieren wird.