Der Markt für Anleiheemissionen boomt (hier, s. auch hier zu Rechtsfragen). Nicht selten werden derartige Anleihen als Nachranganleihen emittiert (s. z.B. hier), was natürlich im Falle der Krise des ausgebenden Unternehmens für den Anleihegläubiger harte Konsequenzen zeitigen kann: Im schlimmsten Fall bis zum Ausfall seiner Anleihe (s. nur hier für den Fall „Windreich“). Häufig ist den (nicht-professionellen) Anlegern aber dieses Risiko bei Zeichnung überhaupt nicht bewusst. Nachdem sich das LG Düsseldorf schon 2017 mit den Anforderungen bei formularmäßigen Rangrücktrittserklärungen auseinandergesetzt hatte (hier), folgte der BGH nun im Jahre 2019 mit einer weiteren Entscheidung zu einem anderen Fall.
Nachdem er zuvor – wie das LG Düsseldorf – klargestellt hat, dass ein qualifizierter Rangrücktritt natürlich nur dann Vertragsbestandteil einer (fraglos den AGB-Regelungen unterfallenden) Vertrages (also z.B. auch einer Anleiheemission) wird, wenn sie wirksam vereinbart wurde, setzt er sich in der Folge mit den Anforderungen an die wirksame Einbeziehung auseinander. Stellt sich die in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Abrede also etwa als überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB dar und wurde sie deshalb nicht Vertragsbestandteil oder hält sie der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand, wird sie eben nicht wirksam vereinbart (vgl. Rz. 20). Im konkreten Fall ordnete der BGH die streitgegenständliche Formulierung des Rangrücktritts als gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BGB ein. Zu den konkreten Anforderungen an die Transparenz von Rangrücktrittsformulierung in Verbraucherverträgen äußert sich das Gericht dann erfreulich dezidiert in Rz. 25 wie folgt:
„In allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern ist eine qualifizierte Nachrangvereinbarung nur dann hinreichend transparent, wenn aus ihr die Rangtiefe, die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre, deren Dauer und die Erstreckung auf die Zinsen […] klar und unmissverständlich hervorgehen […]. Dies erfordert auch, dass die Voraussetzungen der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre hinreichend deutlich erläutert werden, insbesondere die Klausel klarstellt, inwieweit die Ansprüche aus dem Darlehen bereits dann nicht mehr durchsetzbar sind, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Leistungsverlangens bereits zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder dies zu werden droht […].„
Genügt der Rangrücktritt diesen Anforderungen nicht, so ist er als Verstoß gegen AGB-Recht unwirksam. Diese Unwirksamkeit lässt gemäß § 306 Abs. 1 BGB die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen unberührt. Diese (vom BGH in Rz. 31 nachgezeichnete) Rechtsfolge hat immense Konsequenzen: Während der jeweilige (Verbraucher-)Anleihegläubiger in diesem Fall berechtigte Hoffnung auf zumindest eine kleine Rückzahlung machen kann, besteht für den oder die den Vertrag (also etwa eine Anleihe) zeichnenden Geschäftsleiter die Gefahr einer Insolvenzverschleppung schon weit vor dem eigentlich vermuteten Zeitpunkt: Ist der Nachrang nicht wirksam vereinbart, so sind die entsprechenden Forderungen natürlich in den Überschuldungsstatus einzubeziehen und bei der integrierten Liquiditätsplanung als ggf. fällige Forderungen zu berücksichtigen.
Vor diesem Hintergrund sei dieses Urteil potentiellen Anleiheemittenten schon bei Vorbereitung der Emission wärmstens als Lektüre empfohlen.