Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat den von der Landesregierung NRW über den Bundesrat eingebrachten Entwurf eines sog. „Verbandstrafgesetzbuches“ in einer Stellungnahme in ungewöhnlich scharfer Form attackiert.
In einer vom Ausschuss Strafrecht des DAV im Dezember 2013 herausgegebenen Stellungnahme zum von NRW initiierten Gesetzgebungsverfahren zum Wirtschaftsstrafrecht (s. a. Meldung vom 26.09.2013, hier) wird der Gesetzesvorschlag insgesamt sehr kritisch bewertet. Der Strafrechtsausschuss lehnt die Einführung einer „Unternehmensstrafe“ generell ab, weil sie nicht in das System des deutschen Strafrechts passe. Das deutsche Strafrecht basiere auf dem Schuldprinzip, dies sei aber nur bei den hinter der juristischen Person stehenden natürlichen Personen verwirklicht.
Auch sei die im kritisierten Gesetzentwurf angeführte „organisierte Unverantwortlichkeit“ von Verbänden durch keinen einzigen empirischen Befund belegt worden. Ferner stelle die seit Jahren bestehende und erst kürzlich deutlich erweiterte Möglichkeit der Verbandsgeldbuße nach § 30 iVm. § 130 OWiG eine ausreichende und mittlerweile in der Praxis auch häufig genutzte Sanktionsmöglichkeit gegenüber Verbänden dar (s. hierzu nur den Bußgeldbescheid gegen Siemens). Schließlich würde das vorgesehene Verbandsstrafrecht zu einer „Sippenhaft“ aller Stakeholder des betroffenen Unternehmens, also auch von (unbeteiligten) Mitarbeitern oder Gesellschaftern führen, die strafrechtlich nicht zu rechtfertigen sei.
Neben diesen grundsätzlichen Erwägungen lehnt der Strafrechtsausschuss auch die konkreten Vorschläge zur Bestrafung ab. So sei eine Bekanntgabe der Verurteilung im Sinne einer Prangerwirkung eher dem Mittelalter denn der Neuzeit zuzuordnen und deswegen dem modernen Strafrecht gänzlich fremd. Auch die Möglichkeit der Verbandsauflösung sozusagen als gesellschaftsrechtliche „Todesstrafe“ könnte das dem Strafrecht innewohnende Übermaßverbot verletzen.