Während die deutsche Wirtschaft noch an der Implementierung des LKSG (näher hier) herumlaboriert, plant die EU mit der „CSDDD„, also der „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (hier), gleich eine Verschärfung und Erweiterung der deutschen Regelung. Dazu gesellen sich die bereits seit 2021 geltende „Konfliktmineralien-Verordnung“ (hier), die seit September 2023 geltende „Batterien-Verordnung“ (Batterie-VO, hier) und der Vorschlag für eine „Anti-Zwangsarbeits-Verordnung“ (hier). Zusammen mit der seit dem 5. Januar 2023 geltenden – und deswegen nachfolgend näher betrachteten – EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen („Corporate Sustainability Reporting Directive“ – eben: „CSRD“) dürfte zumindest größeren Unternehmen in den nächsten Monaten und Jahren ein nicht unerheblicher zusätzlicher Administrations-Aufwand ins Hause stehen.
Hintergrund, Ziele & Kern
Die Europäische Kommission hatte – u. a. als Konsequenz aus der UN „Agenda 2030“, die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (englisch Sustainable Development Goals, SDGs) festlegt (hier)) – mit Mitteilung vom 18. März 2018 zunächst einen „Aktionsplan: Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ (COM(2018) 97 final, hier) bekannt gegeben. In diesem Aktionsplan war neben dem (bereits hier diskutierten) „EU-Klassifikationssystem für nachhaltige Tätigkeiten“ (Taxonomie) die CSRD sowie die (für Finanzunternehmen und -berater geltende) „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ (SFDR, hier) vorgesehen. Die EU Taxonomie liefert das Klassifikationssystem, das im Rahmen der CSRD und SFDR angewandt wird.
Erklärtes Ziel der Berichtspflichten ist Ziel ist es, die Rechenschaftspflicht europäischer Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte zu erhöhen und erstmals verbindliche Berichtsstandards auf Ebene der EU einzuführen (hier).
Der deutsche Gesetzgeber ist bis zum 6. Juli 2024 verpflichtet, die CSRSD in nationales Recht umzusetzen, wobei die Anwendbarkeit der Richtlinie (rückwirkend) zum 1. Januar 2024 sicherzustellen ist. Das damit noch erforderliche deutsche Umsetzungsgesetz wird die seit 2014 geltenden Umsetzungsregelungen der sog. „Non-Financial Reporting Directive“ (NRFD; Richtlinie (EU) 2014/95) in den §§ 289b bis 289e HGB ersetzen. Die nunmehrigen Berichtspflichten über „Nachhaltigkeitsaspekte“ wird damit (erneut) in den für alle Gesellschaften geltenden Regelungskomplex zur Rechnungslegung im Handelsgesetzbuch integriert.
Erfasste Unternehmen & erforderliche Compliance
Auch wenn derzeit viele (Werbe-?)Artikel sich darüber auslassen, dass die CSRD-Regelungen in der „Endstufe“ (dazu gleich) auch für „kleine“ „kapitalmarktorientierte“ Unternehmen gelten sollen, so ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie in Artikel 5 selber (unter Bezugnahme auf die Richtlinie 2013/34/EU (Bilanz-Richtlinie)) unabhängig von den übrigen Größenkriterien (die im Übrigen identisch mit den deutschen sind, vgl. § 267 HGB) „nur“ „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ (vgl. § 316 a HGB, s. dazu näher hier) der Berichtspflicht unterwirft. Damit sind Unternehmen (und Konzerne), die nicht von öffentlichem Interesse sind, weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen, einen Umsatz von weniger als Euro 40 Mio. im Jahr erwirtschaften, bzw. und eine Bilanzsumme von unter Euro 20 Mio. ausweisen, nicht von den aus der Richtlinie folgenden Berichtspflichten erfasst. Auch wenn die Berichtspflicht damit umgekehrt solche „großen“ Unternehmen trifft, die zwei der drei vorgenannten Kriterien überschreiten, so dürften zahlreiche deutsche KMU eben doch nicht durch die Richtlinie betroffen sein.
Die von der Richtlinie erfassten Unternehmen haben den Lagebericht unter Beachtung der vorgenannten Taxonomie- und SFRD-Standards nach den sog. „European Sustainability Reporting Standards“ (ESRS, hier) zu erstellen, der extern „mit begrenzter Sicherheit“ zu prüfen ist. Diese Nachhaltigkeitsberichterstattung ist, wie auch das finanzielle Reporting, dann im „European Single Electronic Reporting-Format“ (ESEF, hier) zu veröffentlichen.
Nach dem durch Art. 1 der CSRD-Richtlinie geänderten Artikel 29 b der Bilanz-Richtlinie sind die betroffenen Unternehmen verpflichtet, über folgende konkret festgelegte ESG-Kriterien zu berichten. Dabei verankert die CSRD die sog. „doppelte Wesentlichkeit“. Demnach sind Unternehmen verpflichtet, sowohl über die Auswirkungen des eigenen Geschäftsbetriebs auf Mensch und Umwelt als auch über die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen zu berichten. Bislang musste nur dann über Sachverhalte berichtet werden, wenn beide Wesentlichkeitsaspekte zutrafen (erneut hier). Dieser Aspekt dürfte die Berichterstattung erheblich ausweiten – und weicht vom (einfachen) Standard im Global Reporting Initiative (GRI, hier) ab.
Die CSRD verpflichtet die Mitgliedsstaaten darüber hinaus, „abschreckende Sanktionen“ für den Fall der Nichterfüllung der Berichts- und „Prüfungspflichten“ vorzusehen. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der deutsche Gesetzgeber die §§ 331 ff. HGB entsprechend anpassen und ggf. erweitern wird.
(Erstes) Fazit: Bereits dieser kurze und undetaillierte Überblick verdeutlicht die Auswirkungen, die die CSRD für das Berichtswesen in großen, bzw. Unternehmen von öffentlichem Interesse haben wird. Sicher ist, dass die Erstellung und Prüfung von Jahresabschlüssen und insbesondere den Lageberichten umfangreicher und damit teurer wird – was die jetzt schon überbordenden Bürokratiekosten weiter in die Höhe treiben dürfte (hier).
Diese letztendlich finanziellen Auswirkungen werden Unternehmen in der Krise natürlich zusätzlich schwächen. Allerdings dürfte die durch die CSRD erweiterte Berichtspflicht gerade in Bezug auf das jeweilige Geschäftsmodell die Frage beantworten, ob das betroffene Unternehmen überhaupt nachhaltig am Markt agieren kann – also „sanierungswürdig“ ist. Die entscheidenden Kriterien zur Beantwortung dieser Frage dürften eher aus Brüssel denn aus dem Markt kommen (s. dazu schon hier). Ob die EU, wie seit 2004 immer wieder deklamiert, damit die „wettbewerbsfähigste Region“ der Welt werden wird (hier), darf getrost bezweifelt werden.