Nachdem der für Insolvenzsachen zuständige IX. Senat des Bundesgerichtshofes (BGH) mit einer Entscheidung aus dem Jahre 2012 seine Linie bekräftigt hatte, und sog. „Lösungsklauseln“ auch im Rahmen von Energielieferungsverträgen für unwirksam erklärt hat, tritt ihm nunmehr der für Vertragssachen zuständige VII. Senat entgegen und erklärt mit einer Entscheidung aus dem April 2016 zumindest Lösungsklauseln nach § 8 VOB/B (2009) für wirksam.
Seit langem ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob Vertragsklauseln, die eine Vertragsbeendigung für den Fall der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit ermöglichen (sog. „Lösungsklauseln“), wirksam sind. Dreh- und Angelpunkt zu dieser Frage ist die Regelung des § 119 InsO, die Vereinbarungen, durch die im voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 ausgeschlossen oder beschränkt wird, für unwirksam erklärt. Hierdurch soll insbesondere das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO imHinblick geschützt werden, ob er Verträge in der Insolvenz fortführen will oder nicht.
Die Entscheidung führt dazu, dass der Auftraggeber eines Bauvorhabens bereits bei Stellung des Insolvenzantrages den Auftrag kündigen und ein neues Bauunternehmen mit der Fertigstellung beauftragen, ohne auf (teils langwierige) Entscheidungen des Insolvenzverwalters angewiesen zu sein. Dagegen wird nach Ansicht von Insolvenzverwaltern die Entscheidung dazu führen, dass Sanierungen von Bauunternehmungen im Insolvenzverfahren kaum noch durchzuführen sein werden werden, da die Vertragspartner sehr schnell „aussteigen“ könnten.
Auch wenn die Entscheidung für Vertragspartner in Bausachen erfreulich sein mag, ist es im Hinblick auf eine einheitliche Rechtsprechung zu bedauern, dass im vorliegenden Fall keine Entscheidung durch den Großen Senat des BGH herbeigeführt wurde. Denn zumindest derzeit hängt die Entscheidung über die Wirksamkeit der Lösungsklausel vom Vertragstyp ab; während die Lösungsklausel bei einem Energielieferungsvertrag unwirksam ist, gilt sie bei einem Bauvertrag als wirksam.
BGH, Urt. v. 15.11.2012 – IX ZR 169/11
BGH, Urt. v. 7.4.2016 – VII ZR 56/15
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