Zum 31. Dezember 2019 endete für zahlreiche Unternehmen das Geschäftsjahr. Grundsätzlich sind die Organe von Kapitalgesellschaften nach § 264 HGB verpflichtet, den entsprechenden Jahresabschluss dann innerhalb bestimmter – nach Größenklassen gestaffelten – Fristen aufzustellen. In der Krise der Gesellschaft können sich diese Fristen jedoch – größenklassenunabhängig (!) – erheblich verkürzen. Gerade Steuerberatern ist die Beachtung der entsprechenden Regelungen sehr ans Herz zu legen, um die eigenen Haftungsrisiken zu minimieren.
So empfiehlt die Bundessteuerberaterkammer in ihren entsprechenen Hinweisen zu Jahresabschlüssen bei Unternehmen in der Krise (Rz. 76 mit Verweis auf (strafrechtliche!) Entscheidungen des BVerfG von 1978 und des BGH von 1961), dass „die Aufstellung des Jahresabschlusses bei Unternehmen, die sich in einer wirtschaftlichen Krise befinden, innerhalb von 2 bis 3 Monaten nach dem Schluss des Geschäftsjahres zu erfolgen hat.“ (in den vorgenannten Urteilen war sogar betont worden, dass „eine Jahresbilanz in der Regel erst verspätet sei, wenn sie mehr als zehn Wochen nach Ablauf des Geschäftsjahres aufgestellt werde.“). Dementsprechend sollte der seit dem Urteil des BGH von Januar 2017 zum expliziten Hinweis auf etwaig bestehende Insolvenzgründe verpflichtete Steuerberater (s. detailliert dazu hier) bei ersten Hinweisen auf das Vorliegen von Insolvenzgründen darauf drängen, dass die Organe der betreffenden Gesellschaft sich nicht auf die vom Gesetzgeber eingeräumten Höchstfristen zurückziehen. Vielmehr sollte ein Jahresabschluss in solchen Fällen spätestens nach zwei bis drei Monaten vorliegen.
Der BGH gibt in seinem Urteil aus 2017 auch Hinweise darauf, wann nach seiner Ansicht vom Vorliegen einer Krise auszugehen ist:
- „Sobald Hinweise auf wirtschaftliche Schwierigkeiten vorliegen, ist die Fortführungsfähigkeit [§ 252 HGB] näher zu überprüfen.“
- „Insbesondere ist auf Anzeichen zu achten, die einen Insolvenzgrund darstellen können.“
- „Dies kommt etwa in Betracht, wenn das Unternehmen erhebliche Verluste erwirtschaftet, eine zu geringe Eigenkapitalausstattung aufweist oder in Liquiditätsschwierigkeiten gerät.“
- „Ein weiteres Indiz ist die bilanzielle Überschuldung.“
Kann der Steuerberater derartige Krisenmerkmale aus den ihm vom Mandanten vorgelegten Unterlagen ablesen, sollte er folglich auf eine sehr zügige Erstellung des Jahresabschluss drängen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass etwaige Sanierungsmaßnahmen um so bessere Aussicht auf Erfolg haben, je früher sie angesetzt werden.
Hinweise zur Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen in Bezug auf Gegebenheiten, die der Annahme der Unternehmensfortführung entgegenstehen, März 2018
BGH, 31.01.1961 – 1 StR 463/60
BVerfG, 15.03.1978 – 2 BvR 927/76s