OFD Ffm: Darlehen der Mutter in der Liquidation der Tochter

Soll – etwa in einer Konzernstruktur – eine defizitäre Tochtergesellschaft abgewickelt werden, stellt sich gerade in steuerlicher Hinsicht häufig die Frage, wie mit den in diesen Konstellationen etwaig vergebenen Darlehen der Konzernmutter an die Tochtergesellschaft zu verfahren ist. Zur Vereinheitlichung des Handelns der Finanzbehörden in diesen Fällen hat die Oberfinanzdirektion Frankfurt (OFD Ffm) eine Rundverfügung erlassen, die im Folgenden kurz dargestellt werden soll.

Hat die Gesellschafterin die Finanzierung ihrer Gesellschaft über Darlehen sichergestellt und will sie in der Folge, etwa weil die Tochtergesellschaft dauerhaft defizitär ist, liquidieren, sind in dieser Fallkonstellation einige Lösungswege kritisch zu beurteilen:

So wird eine Rückzahlung auf Grund der häufig schlechten wirtschaftlichen Situation der Tochtergesellschaft nicht in Frage kommen. Andererseits würde ein ausdrücklicher Forderungsverzicht durch die Muttergesellschaft zu einem (steuerbaren) Buchgewinn bei der Tochtergesellschaft führen (s. hierzu auch die Beiträge zu „Sanierungsgewinn“, hier). Auch scheidet eine Einlage der Darlehensforderung in das Eigenkapital der Tochtergesellschaft wegen der fehlenden Werthaltigkeit aus. Zwar könnte man die Situation über eine Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft regeln – diese Vorgehensweise bedingt jedoch auch eine Übernahme der auf der Tochtergesellschaft lastenden sonstigen Risiken und ist deswegen in vielen Fällen nicht ratsam.

Schließlich besteht die Möglichkeit, die Tochtergesellschaft ohne ausdrücklichen Verzicht auf die (regelmäßig mit einem Rangrücktritt versehene) Forderung zu liquidieren. Fraglich ist dann aber, ob die Beschlussfassung über die Liquidation als konkludenter Forderungsverzicht der Muttergesellschaft anzusehen ist und ob damit bei der Tochtergesellschaft ein steuerbarer Ertrag entsteht. Die Finanzverwaltung vertrat in solchen Fällen teilweise die Auffassung, dass die Verbindlichkeit jedenfalls bei Abschluss der Liquidation mangels wirtschaftlicher Belastung ertragswirksam auszubuchen sei. Konnte oder wollte die Muttergesellschaft also die Tochtergesellschaft finanziell nicht so ausstatten (etwa durch eine Einlage in die Kapitalrücklage), dass sie die Forderung begleichen konnte, so wäre die Tochter gezwungen, Insolvenzantrag wegen Überschuldung (wegen der nunmehr einzubuchenden Steuerverbindlichkeit) oder Zahlungsunfähigkeit (wegen der in der Regel sofortigen Fälligkeit der Steuerverbindlichkeit) zu stellen.

Die OFD Frankfurt tritt mit der Rundverfügung vom 30. Juni 2017 nun dieser Ansicht entgegen und legt fest, dass

  • die Beantragung der Liquidation der Kapitalgesellschaft durch den Gesellschafter oder die Zustimmung eines Drittgläubigers keinen konkludenten Forderungsverzicht darstellt und deshalb nicht zu einer (ertragswirksamen) Ausbuchung der Verbindlichkeit führt,
  • auch eine aus der Liquidationsschlussbilanz ersichtliche Vermögenslosigkeit der Kapitalgesellschaft weder zu einer Ausbuchung der Verbindlichkeit noch zur Begründung einer unter dem Nennwert liegenden Verbindlichkeit führtr,
  • eine ertragswirksame Ausbuchung der Verbindlichkeit nur dann geboten sei, wenn bei objektiver Würdigung der Verhältnisse angenommen werden könne, dass der Gläubiger seine Forderung nicht mehr geltend machen werde,
  • Im Falle der Abwicklung der Kapitalgesellschaft in der Insolvenz die vorgenannten Grundsätze ebenfalls gelten.

Zudem stellt die OFD mit einer etwas missverständlichen Formulierung klar, dass die bislang geltenden Grundsätze zum Rangrücktritt nach dem BMF-Schreiben von 2006 auch nach dem zwischenzeitlich ergangenen Urteil des BGH aus dem Jahre 2015 gelten. Denn eine nicht den zuvor genannten Anforderungen entsprechende Rangrücktrittserklärung kann unter bestimmten Voraussetzungen zur ertragswirksamen Ausbuchung der Verbindlichkeit führen. Mit der Erklärung zur Fortgeltung der Grundsätze stellt die OFD klar, dass die entsprechenden Formulierungen weiterhin verwendet werden können, um diese ungewollte Steuerfolge auch im Rahmen der Liquidation zu vermeiden.

Eigentlich ist diese Verfügung direkt zwar nur für den Zuständigkeitsbereich der OFD Frankfurt bindend – nicht aber für andere Oberfinanzdirektionen. Allerdings wird – wie schon bei den Verfügungen zum Urteil des BFH nach Wegfall des Sanierungserlasses (hier) – die OFD Frankfurt häufig vom Finanzministerium zumindest informell als „Verteiler“ von Grundsatzentscheidungen genutzt.  Zudem wurde die Verfügung auf Bund-Länder-Ebene (also auch mit dem Bundesministerium der Finanzen) abgestimmt, um einen bundesweiten Gleichlauf der Finanzverwaltungen zu erreichen. Deswegen ist die Anwendung dieser Verfügung durch die anderen OFDs in Deutschland wahrscheinlich.

Bleibt zu hoffen, dass der BFH diese kreative Lösung der Finanzverwaltung nicht als Umgehung seiner Rechtsprechung zum sog. „Sanierungserlass“ (s. dazu hier) ansieht, und ihr  – ähnlich wie dem Erlass des BMF zur Wirkung des „Sanierungserlasses für Altfälle“ (s. dazu hier) – den Garaus macht.

 

OFD Frankfurt v. 30.06.2017 – S 2743 A-12-St 525

BMF, Schreiben v. 8.9.2006, BStBl. I 2006, 497

BGH, Urt. v. 5.3.2015, IX ZR 133/14

 

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